17. April 2010 – Remscheider General-Anzeiger

Performance: Die Kunst nagt am Hungertuch

(red) Bergisches Land. Die beiden Vereine Kunstfluss Wupper und regioArte e.V. haben sich unlängst zusammengeschlossen und wollen in Zukunft unter dem Namen Kunstfluss Wupper-regioArte e.V. die Förderung von Kunst und Kultur im Bergischen Land intensivieren.

Am heutigen Samstag präsentieren sie vor dem Rathaus in Wuppertal Barmen die Performance “Hungertuch XXL”. Künstlerinnen und Künstler aller Sparten sind aufgefordert, ihr persönliches Hungertuch nach Wuppertal zu bringen und dort zu einem überdimensionalen textilen Zeugnis zusammenzufügen, das auf die für Künstlerinnen und Künstler existenzbedrohenden Kürzungen im Kulturbereich aufmerksam macht. Am Sonntag wird das Hungertuch XXL nach Düsseldorf zur landesweiten Protestveranstaltung “Der letzte Schrei” gebracht.

13. April 2010 – Wochenblatt Leverkusen

»Hungertuch XXL«: Künstler veranschaulichen ihre Situation

Die Kunst nagt am Hungertuch

95 Prozent der Bildenden Künst­ler verfügen über ein monatli­ches Einkommen von weniger als 1.000 Euro, viele leben unter Hartz IV-Niveau. Lediglich fünf Prozent schaffen es zu Lebzeiten in einen festen Galerievertrag. Mit der Aktion »Hungertuch XXL

Wir tragen unsere Hungertücher zusammen« wollen Künstler sämtlicher Sparten gemeinsam auf ihre Situation aufmerksam machen. Auch Leverkusener sind am 17. April in Wuppertal dabei.

Leverkusen/Region  (nm). Die Kunst nagt am Hungertuch. »Dass dieses Sprichwort wie selbstver­ständlich zum  Sprachgebrauch gehört, zeigt: Kunst war schon im­mer eher brotlos als ernährend. Seit jeher musste der Künstler se­hen, wie er sich und seine Lieben durchs Leben schlug. Das ist heute nicht anders als vor hundert, zwei- oder fünfhundert Jahren«, brin­gen es Petra Pfaff und Rainer Grassmuck von Kunstfluss Wupper – regioArte, zweier regionaler Künstlerselbstorganisationen, auf den Punkt. Aktuell jetzt, in Zeiten radikaler und existenzieller Kür­zungen und Streichungen, Schließungen von Kultureinrich­tungen, dem Wegfall von Förder­mitteln  und  der  gesamtgesell­schaftlichen Verarmung, seien es – mit anderen Leidtragenden ge­meinsam -, wieder die Künstler, die aus ihren wenigen ökonomi­schen Netzen zu fallen drohen. Um auf die Situation aufmerksam zu   machen,   rufen   Kunstfluss Wupper – regioArte e.V. Künstler aller Sparten  (Bildende  Kunst, Musik, Theater, Literatur u.a.) auf,

am 17. April zwischen 11 und 15 _ Uhr ihr persönliches Hungertuch auf den Rathausplatz in Wupper­tal-Barmen zu bringen. Alle Hun­gertücher werden dort zu einem überdimensionalen textilen Zeugnis zusammenfügt und ver­anschaulichen so die Situation der Künstler auf einer »XXL-Fläche«. Es ist geplant, dass das Hungertuch XXL einen Tag spä­ter zusammen mit dem Bündnis »Wuppertal wehrt sich« nach Düsseldorf zu einer landesweiten Protestveranstaltung gebracht wird.

Eine Leverkusener Künstlerin, die die Aktion unterstützt, ist Ellen Loh-Bachmann (Eloba). »95 Pro­zent der Bildenden Künstler lie­gen weit unter einer Einkom­mensgrenze von 1.000 Euro im Monat. Und Einkommen ist nicht immer gleich Gewinn! Wer nicht genug verdient, wird vom Finanzamt als Hobbykünstler verfolgt«, erklärt sie: »Lediglich fünf Prozent der Künstler schaffen es zu Lebzeiten in einen festen Galerie­vertrag. Viele Künstler leben un­ter Hartz IV-Niveau.« Kunst und Kultur haben eine Auf­gabe, ohne sie verrohe die Gesell­schaft, so Loh-Bachmann: »Kunst ist menschlicher Inhalt, Ästhetik oder Protest, Revolution, Verän­derung, Fortschritt – Mensch­heitsgeschichte. Wahre Kunst ist Berufung! Und die ist nicht mehr zu erfüllen, wenn Kunst kommer­zialisiert wird.«

Ellen Loh-Bachmann (Eloba) bringt am 17. April ihr Hungertuch nach Wuppertal und macht dort mit vielen Künstlern der Region auf deren finanzielle Situation aufmerksam. Foto: Nicole Marschall

Den Grund, warum viele Künst­ler auch heute weiter am Hunger­tuch nagen müssen, sieht sie in der Tatsache, dass im Laufe der Geschichte die Verantwortung für Kunst und Kultur weitergereicht wurde und der heutige Verant­wortliche, der Staat, nichts mehr für die Kunst in der Kasse hat. »Kunst ohne Mäzene und Auf­tragswelt hat in seinem ursprüng­lichen, wirklichen Ansatz keine Überlebenschancen«, sagt sie: »Es sei denn, wir Künstler verändern die Welt. Gegen die Zeiten radika­ler und existenzieller Kürzungen und Streichungen! Gegen die Schließung von Kultureinrich­tungen! Gegen den Wegfall von Fördermitteln! Gegen die Verro­hung der Gesellschaft!« Teilnehmen an der Performance »Hungertuch XXL – Wir tragen unsere Hungertücher zusam­men«? Das bringt doch nichts, meinte einer ihrer Künstlerkolle­ge. »Mag sein«, räumt Loh-Bach­mann ein, aber es schweiße zu­sammen: »Masse ist Macht! Las­sen wir die Künstlermacht auf­marschieren …«

Künstler, die an der Aktion »Hungertuch XXL« teilneh­men möchten, sollten fol­gende Anforderungen be­achten:

Die Hungertücher müssen eine Mindestgröße 20 x 20 cm aufweisen und aus leich­tem Material sein – und soll­ten, wenn möglich, künstle­risch gestaltet werden.

09.04.2010 Westdeutsche Zeitung

Das Bündnis „schreit“ in Düsseldorf
Aktion: Protest vor dem Landtag am Sonntag, 18. April

Wuppertal/Düsseldorf. Das Bündnis „Wuppertal wehrt sich“ will mit neuen Aktionen im Vorfeld der Landtagswahl auf die Finanzmisere in der Stadt aufmerksam machen. Nach Auskunft von Iris Colsmann wird es am Sonntag, 18. April, auf der Wiese vor dem Düsseldorfer Landtag eine Klanginstallation geben, die unter dem Titel „Der letzte Schrei“ von 12 bis 20 Uhr den Landtag beschallen soll. Demnach soll es einen Geräuschteppich aus einstürzenden Gebäuden, rauschendem Wasser, schreienden Menschen, brechendem Holz und anderem geben, um der Sorge der Wuppertaler, dass die Stadt verelendet, Ausdruck zu verleihen. Unklar ist, ob am Sonntag irgendein Politiker im Landtag ist, um die Demonstration auch zu hören.
Laut Colsmann ist die Aktion als so genannte Mitmach-Aktion geplant. Es steht ein Mikrofon bereit, in das jeder, der möchte, seinen „letzten Schrei“ abgeben kann. Das Künstlernetzwerk „Kunstfluss Wupper“ wird das Hungertuch, das am 17. April in Barmen ausgebreitet werden soll, an diesem Tag nach Düsseldorf bringen. Auch das Wuppertaler Medienprojekt und andere Jugendgruppen haben sich laut Colsmann zu dem Protest angekündigt.
Bürger sollen sich an dem Protest beteiligen
Die Initiatoren laden Wuppertaler Bürger ein, sich an dem Protest zu beteiligen. In dem Bündnis „Wuppertal wehrt sich“ sind auch sämtliche Bürgervereine, die Vertreter der Wohlfahrtspflege und weitere Initiativen aus der Stadt, sowie auch Oberbürgermeister Peter Jung vertreten. Das Bündnis fordert finanzielle Hilfe von der NRW-Landesregierung und argumentiert damit, dass sich die Stadt aus eigener Kraft nicht aus der katastrophalen finanziellen Situation befreien kann. rom

Presseartikel zur Fusion