Halver. „Das ist eine Granate“, schwärmt Marek Tomicki, Organisator der Galerie Regional, von der Künstlerin Petra Pfaff. „Die macht Ausstellungen in Köln, Wuppertal, Siegen und regelmäßig im Nachbarland Frankreich.“ Er freute sich über ihre Teilnahme. „Sie könnte sagen: Ich pfeif’ auf Halver“, setzte er hinzu. Für Tomicki ist Petra Pfaff Halvers größte Künstlerin, was sich allerdings noch nicht bis ins Rathaus herumgesprochen habe. „Als Stadt müsste man zeigen, was wir so haben“, rät der ehemalige Tanke-Chef.
Petra Pfaff arbeitet nicht nur als freischaffende Künstlerin. Seit 2003 managt sie darüber hinaus das Großprojekt „Kunstfluss Wupper“. „Die geht auch in Schulen, um Kinder an Kunst heranzuführen“, zählt Tomicki weiter auf. So viel Lob machte WR-Mitarbeiterin Ursula Dettlaff neugierig. Sie nahm die Anregung zum Anlass, die Künstlerin zu treffen. In einem Pavillon an der Grundschule Auf dem Dorfe leitet Petra Pfaff die Kunst-AG. Der Raum, der sich an den Flur anschließt, mutet wie ein Museum an.
Kaum zu glauben, dass die Bilder, die hier an den Wänden hängen, von Grundschulkindern gemalt wurden. Das Erfolgsgeheimnis liegt wohl in der Vorbereitung. Denn bevor Tom, Melissa, Hanna und die anderen zu Pinsel und Farbe griffen, nehmen sie erstmal Fotos ganz genau unter die Lupe. „Menschliche Figur“ heißt das neue Thema.
Im Halbkreis stehen sie um Petra Pfaff herum und schauen in eine Zeitschrift. „Das ist ein Gesicht“, meint eine Schülerin. Die Übrigen werfen einen kritischen Blick auf das Bild. „Ja, das ist ein Auge, hier der Mund“, bekommt Pfaff schließlich Zustimmung. „Das ist ein Fantasiegesicht von Picasso, einem bekannten Künstler“, löst Petra Pfaff das Rätsel auf.
Zeichnen, Malen, Bildhauerei – Petra Pfaff liegt daran, den Unterricht abwechslungsreich zu halten. Aber: „Kinder müssen merken, dass man sich etwas erarbeiten muss und auch kann“, umreißt sie ihren Anspruch. „Für ein gutes Ergebnis muss man sich schon anstrengen“, setzt sie hinzu. Kann ich nicht, gibt’s nicht. Kann ich noch nicht, heißt das Motto.
Die Arbeiten brauchen Zeit. „Heute machen wir mal das“ funktioniert nicht. „Die Kinder sind viel stolzer, wenn sie sich kontinuierlich etwas erarbeitet haben“, so ihre Erfahrung. Bewusst lässt sie auch Fachbegriffe in ihre Ausführungen einfließen. Später in den höheren Klassen werden sich die Schüler erinnern, sie schon mal gehört zu haben. Petra Pfaff möchte bei den Kindern Interesse für die Kunst wecken und vertiefen. Über die Kunst-AG vermittelt sie plastisches und anschauliches Lernen ohne Druck. Sie selbst schrieb mit 17 einen Lyrikband, den sie auch illustrierte. „Ich merkte später, dass ich mich mit den Dingen lieber mit den Mitteln der Malerei und Bildhauerei auseinandersetze“, erzählt sie.
So studierte sie Kunstgeschichte in Bonn und bildende Kunst in Bonn, Heidelberg und Mainz. „Je mehr man über Kunstgeschichte weiß, desto mehr kann man aus Bildern oder Skulpturen herauslesen“, sagte sie. „Leute, die Klatschmohn malen, haben sicher auch ihr Publikum. Sie können Handwerk vermitteln“, erzählte sie. „Klatschmohn ist schon 150 Mal viel besser gemalt worden“, meint sie. „Kunst wird im Zeitenwandel anders bewertet“, ergänzt sie.
Pfaff, die im Bundesverband bildender Künstler organisiert ist, hat den Anspruch, den Dingen eine eigene Handschrift zu geben. Um beim Beispiel der Blume zu bleiben, könnte etwa ein vergrößerter und veränderter Teil einer Blüte der Ausgangspunkt für etwas Neues sein.
Der Verein Kunstfluss Wupper, der 2002 gegründet wurde und sich 2010 mit regioArte zusammenschloss, agierte schon lange bevor das Projekt „Oben an der Volme“ initiiert wurde. Ziel von Kunstfluss Wupper ist es, Menschen aus dem Bergischen aus allen Bereichen des kulturellen Lebens eine Plattform zu bieten und das kreative Potenzial entlang der 116 Flusskilometer zu bündeln, Kunst, Natur und Mensch neue Impulse zu geben, bis hin zu einer neuen Identifikation.
Kunst gehört nach diesem Verständnis nicht unbedingt ins Museum, sondern kann durchaus an ungewöhnlichen Orten platziert werden. Entlang der Wupper sollen einmal 116 Exponate „ausgestellt“ werden. Bei der Aktion machen nicht nur Profi-Künstler mit, sondern auch Schulen. „Wipperfürth a la carte“ war eine Kunstaktion, bei der zeitgleich an verschiedenen Orten Ausstellungen geöffnet waren: in der ev. Kirche, im Rathaus, dem Haus der Familie und einem ehemaligen Turbinenhaus.
Petra Pfaff freut sich über große Besucherresonanz. Im Sommer gestaltete sie für das Theaterfestival „Shakespeare live“ im Müngstener Brückenpark Fahnen für die Inszenierung des Sommernachtstraums. Aktuell erstellt sie eine fragmentarische Skulpturengruppe, eine Auftragsarbeit für das Lindlarer Freilichtmuseum.
Ursula Dettlaff 03.01.2012 | 15:43 Uhr | Der Westen | Das Portal der WAZ Mediengruppe